Samstag, 19. September 2020

Ängstliche Dekadenz, der Totentanz einer Gesellschaft.



Die Schlagzeile: Am Heidelberger Hauptbahnhof: Männer prügeln Mädchen (11) krankenhausreif - warum hat niemand eingegriffen?

Die moralinsaure Skandal-Schlagzeile einer Verantwortungslosen, aber käuflichen Presse, deren eigene Besoldungsgruppen nur daran orientiert sind, wie umsichtig Clickbait- und Verkaufszahlen erhöht werden, um allerlei Mist darüber, darunter und mittendrin anzupreisen. Ein Werbemedium ohne journalistische Substanz, also der Standard der Qualitätsmedien 2020.

Darunter natürlich empörte Kommentare, von meist nicht weniger billigen Heuchlern, wie der Journaille selbst, die entsetzt von den Menschen sind, die nicht einschreiten.

Doch ich frage mich, was wollt ihr eigentlich? Klar schwimmt heute jeder in seiner eigenen Blase und blubbert, aber so blind zu sein, den IST Zustand seine Gesellschaft zu erkennen, kann doch niemand sein. Selbst aus seiner ganz eigenen Blase heraus, müsste man das sehen.

Zivilcourage ist in diesem Land ein Fremdwort geworden, wie Ehre, Loyalität oder Aufmerksamkeit. Es sind rein fiktive gedankliche Konstrukte, die man als Worthülsen hört, im Fernsehen bei fiktiven Helden bewundert, aber im echten Leben gibt es das nicht mehr. Es ist eine ohne Kodex, von Lumpen und Waschlappen dominierte kapitalistische Gesellschaft geworden, in der jeder für sich allein stirbt. 

Und seit auch noch die Angst vor spontaner, unberechenbarer Gewalt massiv grassiert und das persönliche Sicherheitsgefühl, in der sich der Deutsche wähnte weggespült wurde, heißt es, hilf dir selbst. Denn sonst tut es niemand. Viele sehen weg, andere sehen zu, doch selbst wenn jemand das alltäglich gewordene Smartphone zückt, um wenigstens die Polizei zu rufen, ist das heute schon Glück. Denn es kann sein, das tut er nur, weil er die Szene filmen will, für YouTube, Facebook & Co. Das einzige, was euch heute noch bleibt, wenn ihr ein Opfer seit, ist die Beobachtung der dekadenten Ignoranz, der Totentanz einer Gesellschaft. 

George W. Lästerbacke