Donnerstag, 21. April 2016
Die Renten-Enten
Die Erhöhung des Renteneintrittsalter, Demographie, Geburtenraten und anderer Blödsinn.
Persönlich empfinde ich es immer als politisch peinlich, wenn jeder unbedeutende Hinterbänkler oder auch bekannte Politiker aus dem Bundestag heraus, irgendwann anfängt über das Renteneintrittsalter zu schwadronieren. Dabei stoße ich mich nicht am Thema selbst, sondern eher an der intellektuellen Unfähigkeit, das Thema immer wieder mit den gleichen ausgelutschten Argumenten neu aufzuwärmen. Denn das Thema selbst ist immer aktuell.
Man könnte diesen unglücklichen Heini, den Dr. Norbert Blüm von der CDU vielleicht als Beginn der Reigens schwadronierenden, weltfremder Politiker nennen, die eine unsubstanzielle Renten-Debatte angestoßen haben. Schon 1986 verschaukelte dieser die Deutschen mit der Aussage „Die Renten sind sicher.“, obwohl er es besser wusste. Ein Zitat, das irrtümlicher weise ihm zugeschrieben wurde, in Wahrheit aber aus der Feder einer Werbeagentur stammte. Die Aussage war natürlich rein populistischer Natur, denn auch ein Norbert Blüm wusste schon damals, dass es Problem mit Geburtenrückgang, demographischen Wandel und anderen Faktoren geben wird. Das deutsche Rentensystem ist auf zumindest stabile Geburtenraten, die nachwachsende Beitragszahler produzieren angewiesen und auf die Verlässlichkeit, das der Rentenempfänger ein statistisches Höchstalter erreicht. Beide Faktoren waren bereits Mitte der 1980 Jahre reine Makulatur. Da die Deutschen immer weniger Kinder bekamen und immer älter wurden. Ob man ihm nun bewusstes Lügen oder aber einfache Blindheit vorwirft, sei jeden selbst überlassen. Von Leuten die in 4 Jahreszeiträumen denken, kann man wohl nichts anderes erwarten.
Obwohl diese prekären Umstände in Rentenfragen schon lange bekannt sind, einer muss immer wieder damit anfangen, ohne nachweislich gerechte und sozial verträgliche Lösungen anzubieten. Neuester Quatschkopf im Wiederkäuer Modus, Berufspolitiker Dr. Schäubele. Einer der bereits so lange dem echten Leben, dem Alltag des normalen Bürgers und Arbeitnehmers entrissen ist, dass man getrost sagen kann, ein Schreibtischtäter aus dem Elfenbeinturm. Wobei der Begriff Elfenbeinturm sich ursprünglich mal als Metapher für weltfremde Wissenschaftler etablierte, so lässt er sich doch auch auf Politiker genauso gut anwenden. Es wird eine menschliche und fachliche Kompetenz unterstellt, die bei Politikern mit jahrzehntelanger Abkopplung vom einfachen Bürger sehr fraglich ist. Schäubele möchte ich seine Fachkompetenz in ureigensten Arbeitsbereich nicht absprechen, aber im kreativen und epischen Bereich, ist es nicht weit her damit. Denn was auf der Straße und in den Köpfen vorgeht, davon weiß er schon lange nichts mehr. Er mag ein echtes Arbeitstier sein und erstaunlich belastbar, doch das mag auch seinem Schicksal geschuldet sein, das ihn an den Rollstuhl fesselt. Während manche dieser gehandikapten Menschen sich in ihr Schicksal ergeben, werden andere zu unermüdlichen Kämpfern, die sich und der Welt beweisen wollen, dass sie gebraucht werden. Schäuble zähle ich unbedingt zur zweiten Kategorie und finde das bewundernswert. Trotzdem, wenn er von der Anhebung des Rentenalters redet, dann ist grade er nicht das Maß der Dinge. Er beweist nur, der letzte Mensch der als Visionär in Sachen Altersversorgung und sozialer Systeme gelten darf, war Kaiser Wilhelm I., der 1881 begann die Sozialsysteme, welche bis dahin eher privater Initiativen in Gilden und Zünften entsprangen, per Gesetz zu ordnen und ein staatliches Pflichtversicherungssystem zu etablierte. Das geschah zwar unter dem Druck des wachsenden Einflusses der Sozialdemokratie, doch es war wirklich Visionär. Deutschland wurde damit im globalen Maßstab zum Vorreiter eines Sozialstaates.
Warum ich nun Schäubele und Co in Frage stelle, wollt ihr wissen?
Man kann hier einiges in frage stellen:
Seine Berufskaste, ich will sie mal intellektuelle Arbeiter nennen, arbeitet nicht körperlich. Diese Leute haben ein ganz anderes Weltbild. Das ist natürlich, denn zumindest geistig, sind sie so konditioniert, dass für sie, das Renteneintrittsalter eine untergeordnete Rolle spielt. Wie viele Schauspieler es ausdrücken würden, sie möchten auf der sprichwörtlichen großen Bühne abtreten. Das fällt oft auch leicht, aus der Perspektive intellektueller Arbeiter, denn übliche Verschleißerscheinungen, die mit täglicher körperlicher Arbeit verbunden sind, fallen weg. Was sie benötigen, dass ist geistige Fitness und diese trainieren sie praktisch täglich. Ein siebzig jähriger Schauspieler, Wissenschaftler oder Politiker, das ist kein ungewohntes Bild in unserer Welt. Aber siebzig Jährige in Fabrikhallen, im Supermarkt, auf Baustellen oder in anderen Bereichen, das ist eher die Ausnahme, als die Regel. Auch aus gutem Grund, ihre oft mehr als 40-50 Jahre andauernde körperliche Tätigkeit hinterlässt unauslöschliche Spuren des Verschleißes an ihren Körpern. Die damit verbundenen Unannehmlichkeiten und Befindlichkeiten, kann ein intellektueller Arbeiter gar nicht nachempfinden, denn ihr ureigenstes und wichtigstes Arbeitsgerät, das Gehirn verschleißt wesentlich langsamer. Wenn man mal Alter- und Krankheisssbedingte Veränderungen vernachlässigt.
Doch grade hier versagen nun dies intellektuellen Arbeiter, sprich Politiker. Welche nur mit Statistik, Demographie und anderen Hilfsmitteln arbeiten, an einem Punkt, an dem sie mit Umdenken beschäftigt sein sollten. Hierbei nützt auch die unselige Debatte über den Nutzen von Flüchtlingen für unser Rentensystem nichts. Immer wieder die gleiche Leier, Rentenniveau senken, Lebensarbeitszeit erhöhen, private Absicherung und die tollen Fachkräfte aus Syrien oder Afrika, die helfen sollen unser Rentensystem zu retten. Ich kann das ganze unreflektiert und absolut unkreative Geschwätz nicht mehr hören. Wir stehen vor der Aufgabe, sowohl das Renten-, als auch die Sozialsysteme im allgemeinen umzugestalten und fit für das 21. Jahrhundert zu machen und dass in einer Weise, die allen Menschen gerecht wird. Doch unseren Politik Profis fällt nichts besseres ein, als das Leistungsniveau der Sozialsysteme, wieder auf das Niveau von Kaiser Wilhelm zurückzudrehen. Wie viel geballte Unfähigkeit will man denn noch vorführen? Denn längst ist das Bild von Arbeit im Umbruch, kann nicht mehr nur in Lebensarbeitszeit verstanden werden, oder in dem täglichen das acht Stunden einerlei eines normalen Arbeiters, dass ist nicht mehr das Maß der Dinge. Es entstehen Millionen neuer Mini-Jobs, neue Service-Bereiche entstehen, Produktionen werden automatisiert, Arbeitskraft freigesetzt, die neue Potentiale schaffen kann. Das 21 Jahrhundert wird auch in Sachen Arbeit im Wandel kreativer, als jemals zuvor in der Menschheitsgeschichte. Diese Herkules-Aufgabe gilt es zu bewältigen. Und das funktioniert nicht, indem man Altes immer nur neu aufzulegen. Man muss neue Ideen entwickeln.
Viele Menschen ahnen, dass es für sie hoffnungslos ist, auf Altersrente zu setzen. In Zeiten, in denen Staaten pleite gehen ist Altersarmut keine Befürchtung mehr, sondern bereits harte Realität. Ähnlich wie Kinderarmut und Armut bei Arbeitnehmern, bei denen das Arbeitseinkommen nicht mehr zum menschenwürdigen Leben reicht. Und dass hier in Europa, wo ganz andere Standards gelten, als in verarmten Ländern dieser Welt. Heute beginnen Menschen und wenige Regierungen andere Wege zu gehen oder wenigstens zu andenken und das ist gut so. Doch deutsche Politiker entlarven sich ständig selbst, als Zukunftsunfähig. Ein möglicher Ansatz zum Neuanfang ist das Bedingungslose Grundeinkommen, das gleich mehrere Probleme des Sozialstaates lösen könnte, ohne totalitäre, von Oben gesandte und mit Lobpreisung präsentierte Flickschusterei, die am Ende doch versagen muss.
George W. Lästerbacke
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