Samstag, 16. Juli 2016

Türkisches Militär ohne Einheit, die Demokratie kaputt


Erdogan ist seit langen ein Kandidat für einen Staatschef, der von Militärs aus dem Amt gejagt wird. Das lag insbesondere beim türkischen Militär auf der Hand. Das Militär stand immer für die Ideen Kemal Atatürks, dem Staatsgründer, der die Türkei in das 20. Jahrhundert führte und für einen modernen Staat ohne Beeinflussung der Religion. Am 29. Oktober 1923 wurde eine Moderne, der Zukunft zugewandte Türkei Realität und man öffnete sich nach Europa und der Welt. Das Militär verstand sich immer als der Bewahrer der kemalistischen Werte. Der Militärputsch hat in der modernen Türkei durchaus Tradition und richtete sich immer gegen Potentaten mit demokratischem Anstrich. Das Geschwätz sogenannter "Experten", die eine Demokratie in der Türkei gefährdet sehen, die es nur in der Theorie gibt, darf man ruhig ignorieren. Denn geschichtlich vertrat das Türkische Militär in der Regel demokratische Werte. Es scheint zwar denkbar, das die Unterwanderung der Streitkräfte durch islamische Fundamentalisten diese Tradition beenden wird, allerdings ist es eine These deren Richtigkeit erst die Zukunft bestätigen kann.

Wir sehen das Militär scheitern, offensichtlich bestand in wichtigen militärischen Kreisen kein Dialog zum Putsch. Hier agierte eine isolierte Gruppe, nicht die führende Teile des Militärs. Zu vermuten ist, das traditionell islamisch orientierte Vertreter im Militär einen Putsch gegen Erdogan nicht mitgetragen hätten, so das auch innerhalb der Armee natürlich sehr konspirativ gearbeitet wurde. Ein Unterschied zu früheren Putschversuchen, die in der Regel von den gesamten Streitkräften getragen wurden. Das zeigt uns auch, das Erdogan sich bereits bis tief in die Militärführung mit seiner AKP vernetzen konnte. Das Militär scheiterte noch nie. Sogar die Vorgehensweise der Putschisten erscheint recht stümperhaft und dilettantisch. Die Tageszeit, in den Abendstunden sind ein schlechter Zeitpunkt für einen Putsch. Es ist keine Neuigkeit, dass die Nachtstunden immer die bessere Wahl sind. Die Zeit für Überraschungen. Selbst für Insider kam das Geschehen überraschend, also mehr Ungereimtheiten, als erhellende Erklärungen. Spekulationen dass der Sultan den Staatsstreich selbst inszeniert hat, erscheinen nicht so absurd, wie sie sich noch vor Tagen angehört hätten. Jedoch kann man vermuten, dass Erdogan eher die Gunst der Stunde nutzt, um seinen Kurs weiter zu verschärfen. Auch wenn die Säuberungen im Justizapparat praktisch noch, während der Putsch am laufen war, erstaunlich scheinen. Hier könnte man eine Vorbereitung von langer Hand spekulieren, bei Zahlen zwischen 2000-3000 Beamten. In den letzten Tagen wurde die Säuberungswelle bekanntlich großflächig auf viele Bereiche des Staates ausgedehnt. Insgesamt sind den Erdogans Säuberungswellen nun Zehntausende zum Opfer gefallen, was die EU-Führer nur leicht zu irritieren scheint. Über die Inszenierung des Putsches wird man nur spekulieren können und nur die Zukunft wird zeigen, ob die Türkei nicht der neue Maßstab für eine EU-Diktatur wird. Denn Demokratie ist ja nur noch ein Wort für Erdogan und seine EU-Kumpane.

Fazit: Man darf vermuten, dass der Weg der Türkei in die EU nun lange verschlossen bleibt. Denn die Unterwanderung des gesamten Staates, inclusive des Militärs durch Islamisten schein gewiss. Meldungen in der britischen Presse, das Soldaten von Islamisten enthauptet wurden und angeblich in sozialen Netzwerken kursierende Foto davon, würden ins Bild passen. Über die letzten tage ist wohl klar, dass es zu Folterungen und Tötungen von Wehrpflichtigen durch Islamisten gekommen ist. Das die Türkei auf dem Weg in einen Gottesstaat ist, ist allerdings zu befürchten. Langfristig darf man die Türkei eher als Gefahrenherd sehen, denn als loyalen Partner in der Nato. Ich verstehe zwar das ständige hofieren Erdogans und Co durch EU und Nato, sehe es aber nur als unnötige Taktiererei. Welche den Weg zu einem kalten Krieg mit Russland ebenen soll. Weil es wieder nur um Profite geht, die der militärisch-industrielle Komplex in den USA generieren muss, um zu überleben. Erdogan als Trittbügelhalter der kalten Kriegsprofiteure. Die Türkei als Staat, das will nämlich niemand in der EU, sonst wäre sie schon drin, wie der halbe Ostblock. Ich bezweifle sogar, das Erdogan den EU-Beitritt wirklich will, für ihn ist das auch nur eine Taktik, um sein Wahlvolk bei Laune zu halten.

George W. Lästerbacke