Mittwoch, 20. März 2013

AGENDA 2010 Schall & Rauch


Einst beweihräucherten sich ein Wirtschaftskrimineller (Peter Hartz) und ein Bundeskanzler (Gerhart Schröder) für ein Machwerk, dass sie von ihrem Elfenbeinturm herab, fern der Realität des wirklichen Lebens, gesellschafticher und wirtschaftliche Trends geschaffen hatten. Sie bezeichneten es als Innovation und sogar als Revolution. Dabei war wohl Peter Hartz , der später als Namensgeber des Projektes im Volksmund her hielt, der einzige Akteur, der wusste worum es wirklich ging. Nämlich um die Rationalisierung des Humankapitals. Dem ging es nämlich in der sozialen Marktwirtschaft zu gut, entgegen aller Interessen der Wirtschaft.

Unter den Eindruck hemmungslos entfesselter Finanzmärkte wurde die Agenda 2010 im Bundestag durch gepeitscht, abgesegnet von nicht minder weltfremden Politik Profis. Welches Monster erschaffen wurde, war wohl nur sehr wenigen der Mitwirkenden bewusst. Denn es ging in der Sache nie um den Menschen, sondern nur darum, die Wohlfühloase für dass weltweit vagabundierende Kapital, auch in Deutschland zu erweitern. Ein kurzsichtiger Blick der Heilsbringer des Kapitals in der Politik. Denn die soziale Marktwirtschaft in Deutschland sorgte dafür, dass es dem Volk relativ gut ging, doch der Kapitalismus als eines der Trägersysteme der sozialen Marktwirtschaft kam zu kurz. Das Projekt wurde trotz aller gegenteiligen Behauptungen kein Erfolg. Denn die eigens dafür erschaffene, beziehungsweise dafür umgebaute Behörde, Sozial und Arbeitsamt, heute die ARGE, diente nur dazu, den Staat noch mehr zu schröpfen. Die Wirtschaft konnte von nun an zwar auf eine Vielzahl billiger Arbeitskräfte zurückgreifen. Doch die schon damals raren gut, qualifizierten Arbeitskräfte blieben aus. Der Grund ist einfach, besonders die Erwachsenenqualifizierung wurde vernachlässigt. Aber auch an der Berufsausbildung wurde gespart. Und auf die Trends, die heute das Bild von Arbeit verändert und somit auch der Bedarf an Arbeitskräften, wurde kaum reagiert. Die Ressource Arbeitskraft wurde lediglich verheizt, doch nicht fit für die Zukunft gemacht.

Die Ideen der Agenda 2010, war dabei gar nicht so neu. In dem sogenannten Lambsdorff Papier, wurde den Ideen der Agenda 2010 bereits vorgegriffen. Wirtschaftskraft kontra sozialer Faktoren, insbesondere die Schwächung der Vertreter der Arbeiterschaft in der sozialen Marktwirtschaft, die Gewerkschaften waren das vorrangige Ziel. 1982 waren die Ideen des Wirtschaftsministers Otto Graf von Lambsdorff (FDP) praktisch der Vorreiter der Agenda 2010. Nach diesen Papier, war deutsche Politik immer mehr beseelt von dem Wahn der Liberalisierung der Wirtschaft mit Hilfe staatlicher Steuerung des Arbeitsmarktes. Der erste Schritt in die Spaltergesellschaft war getan.

Das Lambsdorff Papier, was Helmut Schmidt noch ablehnte und mit den Worten kommentierte: „Dokument der Trennung“, welches als Wegweiser zu anderen Mehrheiten diene: „Sie will in der Tat eine Wende, und zwar eine Abwendung vom demokratischen Sozialstaat im Sinne des Art. 20 unseres Grundgesetzes und eine Hinwendung zur Ellenbogengesellschaft.“.

Drei Wochen nach der Vorlage durch Wirtschaftsminister Otto Graf von Lambsdorffs und der Ablehnung des Papiers durch Bundeskanzler Schmidt, wurde Helmut Schmidt durch ein Misstrauensvotum gestürzt. Die Regierung Helmut Kohl übernahm. In Koalition von CDU/CSU und natürlich des „Kanzlermörders“ die FDP.

Nach diesen Papier, war deutsche Politik immer mehr beseelt von dem Wahn der Liberalisierung der Wirtschaft mit Hilfe politischer Steuerung. Der Neoliberalismus übernahm die Herrschaft. Es folgten 25 Jahre konsequentes zusteuern auf die Demontage des Konzeptes der sozialen Marktwirtschaft. Das die Agenda 2010 nun nicht von einer CDU/CSU/FDP Koalition initialisiert wurde, sondern von einer Rot-Grünen SPD Regierung, mag vielleicht überraschen. Doch im Kontext mit der neoliberalen Grundstimmung in der Politik eher leicht verständlich. Die Gleichschaltung der Parteien, war im vollen Gange.

Der Preis ist hoch und die Erfolge stehen nur auf dem Papier, in geschönten Statistiken und sich selbst huldigenden Reden vieler Politik Größen. Das Einzige, was man für wahr ansehen kann, ist die magische Arbeitslosenmarke von drei Millionen. Die ist relativ stabil, bis jetzt noch. Den die Statistiken sind von Menschen bereinigt, die sich in völlig Sinn freien Maßnahmen befinden und andere Kniffe der Statistikfälschung.

Dabei ist zu berücksichtigen, das geschätzte 8 Millionen Menschen in Deutschland, seit der Agenda 2010 in sogenannten prekären Beschäftigungsverhältnissen verbleiben, die nicht zum Leben reichen und somit teilweise auch ergänzend mit HartzVI aufgestockt werden. Viele dieser prekär Beschäftigten, die nicht in der Statistik als so genannte Aufstocker auftauchen, haben zum Teil bis zu drei Jobs, um über die Runden zu kommen. Ein Fakt ist ob Aufstocker oder Einzelkämpfer, die Statistik der Arbeitslosen, ist um diese Bürger bereinigt.

Somit kann man die Zahl von 3 Millionen Arbeitslosen, wohl getrost vergessen. Da es sich hier nicht um Arbeit im alt hergebrachten Sinne handelt, die der Sicherung des Lebensunterhaltes dient.
Die Situation der 1-2 Millionen Leiharbeiter in Deutschland, den beliebt gewordenen billigen Arbeitern zweiter Klasse, sind es auch nicht, die von dem einst gelobte deutsche Sozialstandards profitieren. Leiharbeiter sind rechtlich und im Bezug auf Vergütung, dem Festangestellten Betriebsangehörigen deutlich schlechter gestellt.

Die ca 5-6 Millionen Hartz IV Empfänger, die mit einen Dach über dem Kopf und Notgroschen für eher ungesunde Ernährung bei der Stange gehalten werden, sind durch drohende Sanktionierungen eingeschüchtert und handlungsunfähig gemacht worden. Diese Hartz IV Empfänger fallen natürlich auch aus der Statistik. Diese Bereinigung der Arbeitsmarktstatistik funktioniert. Der Bürger ist verunsichert und findet sich mit dem neuen Klima in der Bundesrepublik ab.

Man kann bei Betrachtung dieser Zahlen und den Fakten des Umfeldes, wohl ohne zu Übertreibung sagen. Eine ehrlich Arbeitsmarktstatistik in Deutschland, würde wohl eher 5-10 Millionen Arbeitslose ausweisen. Dass darf man der erfolgreichsten Bundesregierung aller Zeiten in Deutschland schon mal sagen. Denn seit der Agenda 2010, sind echte Arbeitsplätze abgewandert, aber kaum neue echte Arbeitsplätze entstanden. Frühere Nebenjobs, nennt man heute Minijobs. Das ist eine Neuerung. Ändert nur nichts an der Tatsache, das früher davon Niemand leben konnte und heute auch nicht.

Die Erfolgsgeschichte der Agenda 2010 ist nur für Unternehmen und Konzerne eine Erfolgsgeschichte. Das faktische Ende der Arbeitnehmerrechte, der Wohlfühlraum des Kapitals wurde tatsächlich deutlich erweitert.
Für den Bürger bedeutet diese Erfolgsgeschichte nur dies, der massive Abbau des Sozialstaates und die endgültige Verwässerung der Demokratie. Und wenn nun jemand denkt, dass der Mindestlohn etwas geändert hat, dann hat er keinen Realitätscheck vorgenommen. Denn hier sind nur kleine Unternehmen benachteiligt, die tatsächlich Arbeitnehmer in Teilzeit beschäftigen. Die sich nun nicht mehr rechnen. Die großen Konzerne schöpfen weiter aus den vollen und kassieren munter Förderungen aller Art.

© George W. Lästerbacke