Mittwoch, 25. Juni 2014

Die Sache mit der Armut

Ich ärgere mich immer wieder, wenn ich aus allen Möglichen Kreisen der Gesellschaft höre, wie gut es uns doch in Deutschland geht und das Armut in Deutschland, doch gar nicht so schlimm sei. Das mag natürlich für den Dummen, den Bildungsfernen und den intelligenten Realitätsfernen, so stimmen. Doch wie sieht die Realität aus?

Deshalb habe ich eine möglichst einfache Definition von Armut erstellt. Die wie ich meine, auch eher linear denkenden Menschen ermöglicht, Armut zu verstehen.

“Der Mensch hat nur das nötigste zum Überleben.“

Zum Leben zu wenig zum Sterben zu viel.
Nun schauen wir uns doch mal tatsächliche Armut an, wie sie uns Medien in Deutschland und allgemein in der westlichen Hemisphäre gerne präsentieren. Nehmen wir die wirklich ärmsten in Afrika.

Dort gibt es Menschen, die für unser Verständnis von etwa 0,70 Euro leben müssen. Das reicht um ihre Grundnahrungsmittel zu bezahlen. Reis, Mais, Getreide oder andere Lebensmittel. Eine weitere Versorgung mit Medien aller Art findet in der Regel nicht statt. Auf der ganzen Welt von Brasilien bis Indien, gibt es Menschen, die so leben müssen und sich das Wenige, was sie noch an Luxus haben, durch ihrer Hände Arbeit dazuverdienen. Kleidung, ein Dach über dem Kopf und Wärme, wenn es kalt wird. Gesundheitsversorgung, sauberes Wasser, das sind Dinge, die wir auch für das Nötigste halten, doch diese Dinge bekommen diese Armen oft nicht oder nur sporadisch, durch Spenden, Familie oder auf anderen Wegen.
Von einer Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, davon will ich gar nicht reden. Und doch brauchen auch diese Menschen noch mindestens 70 Cent zum überleben, n einem jeden Tag des Monats. Ein Einkommen von zwanzig bis fünfzig Euro im Monat auf diesem Planeten ist keine Ausnahme, sondern bittere Realität, fast ein Regelfall. Und doch haben diese Menschen das Nötigste, um zu überleben. Zuviel zum Sterben, zu wenig zum Leben, hätte mein Opa das genannt.

Es wundert natürlich nicht, das unser Leben hier in Europa für diese Menschen erscheint, wie das Paradies auf Erden. Selbst unsere Armen in Europa erscheinen noch reich, aus dieser Perspektive von Slums oder Savanne.

Viele dieser ärmsten, der Armen werden nie erfahren, das der Traum vom goldenen Westen im Prinzip auch nur ein Traum ist, der mit der Realität wenig zu tun hat.

Der Sinn für die Realität ist verloren gegangen.
Doch viele von euch, haben auch jeden Sinn für die Realität verloren. Armut in Deutschland mit der Armut in der Welt zu vergleichen, ist als ob man Äpfel mit Birnen Vergleicht. Deshalb habe ich mir mal die Mühe gemacht, darzustellen, was das Leben in Deutschland kostet und wie die Realitäten und HartzIV Regelsätze auseinander klaffen.

Ich orientiere mich dabei an einer Version, die, dem realen Leben nach empfunden ist und den HartzIV Regelsatz berücksichtigt. Natürlich ist alles variabel, aber statistisch betrachtet, bin ich wohl näher dran, als ein Politiker oder andere geistig missgebildete Kreaturen.

Die erster Version allerdings könnte man als Traum des Politikers betrachten. Sie berücksichtigt nur, die wirklich nötigsten Ausgaben. Ausgenommen habe ich notwendige Versicherungen, Verkehrsmittel, Zigaretten und Alkohol, andere Genussmittel wie Süßwaren, Kuchen, Naschereien. Was eigentlich auch schon suspekt ist, denn diese Dinge gehören heute in einer urbanen Gesellschaft dazu.
Jedoch sind sie für eine gesunde Lebensführung nicht notwendig.

Hier wird also ein urbaner Mensch dargestellt, der nur zu Hause sitzt und notwendige Wege zu Fuß oder per Fahrrad erledigt, vorausgesetzt er besitzt ein Fahrrad, aus besseren Zeiten. Denn diese Anschaffung könnte er sich nicht leisten.

Diese Auflistungen entbehren zwar statistischer Erfassungen, jedoch habe ich mich ausführlich mit dutzenden Menschen unterhalten und mir meine Notizen gemacht. Somit biete ich hier eine gründliche Recherche an, die sich am normalen Leben orientiert, soweit das bei einer verallgemeinernden Darstellung möglich ist. Im Gegensatz zu vielen anderen Beiträgen, habe ich hier einen einzelnen männlichen Single als Beispiel genommen. Dass verdeutlicht die Bedingungen besser als eine Familie Max Mustermann, deren Einkommen immer im Ganzen darstellt und optisch recht hoch erscheinen lässt.

Fiktion
Nun hier Variante 1. unter Berücksichtigung des HartzIV Regelsatzes von
391 Euro im Monat oder 4692 Euro im Jahr.

Wie schon erwähnt, praktisch ist Variante 1. völlig unrealistisch am Leben vorbei gedacht. Nur populistische Spinner, wie ein Thilo Sarrazin können damit Leben.

Hier wird also ein urbaner Mensch dargestellt, der nur zu Hause sitzt und notwendige Wege zu Fuß oder per Fahrrad erledigt, vorausgesetzt er besitzt ein Fahrrad, aus besseren Zeiten. Denn diese Anschaffung könnte er sich nicht leisten. Er liest nicht, er bildet sich nur durch das Fernsehen, er ist Vegetation, die überlebt.

Variante 1.

Energie 45 Euro im Monat / jährlich 540 Euro
Kleidung / jährlich 250 Euro
Hygiene Artikel 10 Euro im Monat / jährlich 120 Euro
Krankenkassenzuzahlung / jährlich 50 Euro

1170 Euro jährlicher Ausgaben, die zum HartzIV Satz 4692 Euro Satz in Abzug gebracht werden können.

4692 Euro
1170 Euro
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3522 Euro
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Dem HartzIV Empfänger bleiben also nach Abzug dieser jährlichen Kosten 3522 Euro pro Jahr. Das sind 293,50 Euro pro Monat oder 9,78 Euro täglich.

Das ist doch viel Geld, sagt man sich nun. Und doch fragen sich auch Normalverdiener, wieso am Ende des Geldes soviel Monat übrig ist. Doch ich habe mit Daten des statistischen Bundesamtes, allgemeinen Preisdaten für Lebensmittel und einem Ernährungsberater einmal genauer geschaut, was den das Leben mit einer gesunden, ausgewogenen Ernährung für einen Single kostet, vorausgesetzt er bereitet seine Speisen selber zu. Das erklärt dann vielleicht Vieles.

Dabei habe ich mich als männlichen Muster Single genommen. Natürlich ist die Kalkulation als Beispiel zu verstehen, um einen realistischen Tagessatz zu ermitteln, da tägliche Kosten natürlich nach oben oder unten variieren.

Wir wissen alle, das der Handel seine eigene Preispolitik hat. Ein Beispiel soll reichen. Die selbe Gurke, die heute 40 Cent kostet, kann Morgen schon 80 Cent kosten und umgekehrt oder kostete der 2 kg Beutel Äpfel noch in 2013 etwa 1,99 Euro, sind heute 2,99 die Regel beim Discounter. Preisbeobachtungen sind wichtig, da das statistische Bundesamt bei den Lebenshaltungskosten immer nur Mittelwerte heraus gibt, die unrealistische Realitäten widerspiegeln. Wir müssen eine Deflation, bei Konsumgütern wie Elektronik oder Autos nicht für unser tägliches Lebensführung berücksichtigen. Wir müssen auf die inflationäre Entwicklung von Energie, Unterkunft und Lebensmitteln achten, die unsere wichtigsten Kosten sind.

Nun zu unserem männlichen Muster Single und seiner Ernährung.

4x 1 Brötchen 1,50 Euro
1x 1 Jogurt oder Ähnliches 0,40 Euro
2x 1 Apfel 1,00 Euro
1x 1 warmes Essen, Salat oder Gemüse 3,00 Euro
Fleisch/Wurst/Aufstriche 1,50 Euro
Getränke ca 1,50 Euro
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Gesamtsumme: 8,90 Euro
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Also 8,90 Euro pro Tag, dass sind 279 Euro im Monat oder 3204 Euro im Jahr, an Kosten, um sich gesund und abwechslungsreich zu ernähren. Wir erinnern uns, nach Abzug der Kosten von Variante 1. meiner Rechnung, bleiben dem HartzIV Empfänger noch 3522 Euro im Jahr. Er könnte also tatsächlich noch 318 Euro sparen. Immerhin, vielleicht kann er sich ja doch noch ein Fahrrad oder eine Waschmaschine leisten. Oder sogar einen Urlaub, weil da gibt es schon Angebote ab 299 Euro, er hätte sogar noch 19 Euro in der Urlaubskasse, für Mitbringsel, ein Bier oder Postkarten an die Lieben. Deutschland, das Schlaraffenland. Gesund leben und noch in Urlaub fahren. So die Theorie.

Doch nun mal zur Realität.
Der HartzIV Satz soll sichern, das Teilhabe am gesellschaftlichen Leben im bescheidenen Rahmen möglich ist, also soziale Kontakte, Veranstaltungen, Bildung und anderes. Dazu gehört Einiges mehr, mal ein Buch kaufen, vielleicht eine Tageszeitung, ein Kaffee mit Freunden in der Gastronomie. Eine Ausstellung besuchen, einen Volkshochschulkurs belegen, alles das gehört zum gesellschaftlichen Leben.

Den der HartzIV Empfänger aus Variante 1. meiner Rechnung, den gibt es nicht. Nur Menschen, die Zusehens verelenden und verkommen, weil sie teils ohne Arbeit und teils mit Arbeit in sogenannte Aufstocker Arbeitsverhältnissen existieren.

Wobei sich Arbeit in diesem Falle tatsächlich nicht mehr lohnt. Sondern nur noch Mittel zum Zweck ist. Das einem Menschen, das Gefühl vermittelt, nicht nutzlos zu sein.

In Variante 2. habe ich nun einmal etwas realistischer gerechnet. Ich habe meine Kosten genommen, sie um luxuriöse Positionen, wie häufige Besuche in der Gastronomie bereinigt, teure Bücher und Presse Artikel, Zigaretten, Alkohol, Haushaltsanschaffungen, Ausgaben für Schnick Schnack, Kraftstoff und Auto bereinigt und halbiert. So das die Kosten eines Menschen mit sehr bescheidener Lebensführung als halbwegs realistisch dargestellt sind. Mal sehen, was da raus kam.

Variante 2.

4 Bücher im Jahr a 20,00 Euro
6 Veranstaltungen a 30,00 Euro
Kraftstoff a 75,00 Euro
Autoversicherung a 40,00 Euro
Versicherungen a 25,00 Euro
Energie a 45,00 Euro
Zeitung a 15,00 Euro
Tv, Internet, Telefon a 40,00 Euro
Handy a 15,00 Euro
Hygieeartikel a 10,00 Euro
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Gesamt monatlich 315 Euro
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Gesamt jährlich 3780 Euro

jährliche Rücklagen für :

Anschaffungen:
Haushalt/Reparaturen/
Renovierungen usw. a 500 Euro

Kleidung a 250 Euro

Krankenkassenzuzahlungen a 50 Euro
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Rücklagen
Gesamtsumme: 800 Euro
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Zusammenfassung 3780 Euro
+ 800 Euro
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jährliche Gesamtausgaben 4620 Euro
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Das heißt also unter der Berücksichtigung des HartzIV Satzes von 4692 Euro verblieben mir, bei eine bescheidenen Lebensführung noch 76 Euro jährlich zum Leben. Jeder diese Auflistung liest, wird mir bestätigen, das sie durchaus realistisch ist.
Ich habe in dieser Rechnung noch nicht die Kosten einer gesunden Ernährung aufgeführt. Für diese verblieben bei 76 Euro jährlich, monatlich 6,32 Euro oder täglich 0,21 Euro.

Das heißt bei einer beschiedenen Lebensführung und nicht mehr oder weniger habe ich in der Variante 2. meiner Rechnung dargestellt würde jeder dritte Welt Bewohner, sei er noch so arm mit 0,70 Euro mehr als dreimal soviel zur täglichen Ernährung zur Verfügung haben.

Natürlich ist auch das hier eine Milchmädchen Rechnung, denn wir wissen, das ein HartzVI Empfänger überlebt. Doch wieso, der Staat hat sich völlig aus der Verantwortung gestohlen und arbeitet mit frisierten Angaben, wenn es um Lebenshaltungskosten geht. Er zahlt einen Almosen dessen, was er an Einnahmen hat, an Bedürftige, die davon allein definitiv nicht überleben können. Zahlt aber Milliarden und aber Milliarden an Banken, Industrie, Politik ohne, dass dafür eine gesellschaftliche, dem Gemeinwesen nützende Leistung erfolgt.

Des Rätsels Lösung ist einfach.
HartzIV Empfänger sparen natürlich noch an den Ausgaben, die ich oben verzeichne. In der Regel auf das Risiko, bei einem Notfall völlig in der Schuldenfalle zu versinken, Versicherungsschaden und ähnliches. Sie sparen an Bildung und gesellschaftlicher Teilhabe und anderen Dingen. Zum Beispiel an der gesunden Ernährung. Die finanziellen Folgen trägt später natürlich die Solidargemeinschaft, der einzige Grund, warum der Staat, die Krankenkasse bezahlt bei HartzIV, diese Kosten soll die Solidargemeinschaft zahlen, nicht der Stadt.
Aus dem selben Grund bezahlt der Staat auch keine Rentenversicherung mehr, denn dort spart er auch. Es ist absehbar, das die Sterblichkeitsrate bei HartzIV Empfängern signifikant steigen wird. Fehlernährung führt immer zu einen verfrühten Tod, auf lange Sicht. Da rechnet sich die Ersparnis, den eine Beerdigung beim Sozialamt kostet kaum 500 Euro. Weniger als die jährliche Einzahlung für einen HartzIV Empfänger.

Ich kann nach einem Jahr Studien mit HartzIV Empfängern und anderen Personengruppen sagen, in meiner Stadt sagen, wie diese überleben.

Gruppe I.
Diese leben tatsächlich wie Vegetation, ähnlich wie in Variante 1. meiner Rechnung aufgeführt, nur das sie in der Regel alle Probleme im Alkohol ertränken und Lichtjahre von gesunder Ernährung entfernt sind. Diese Gruppe sind tatsächlich die gesellschaftlichen Aussteiger. Sie haben den Kampf verloren und wissen das. TV und Alkohol, das Ende ihrer Geschichte. Sie werden nie wieder ein funktionierendes, nützliches Mitglied der Gesellschaft. Sie sind abgeschrieben.

Gruppe II.
Meistens Junge Leute mit Hoffnung, sie versuchen einfach noch einen Weg zu finden, besuchen sinnfreie Maßnahmen der Arge und verdienen in der Regel illegal, durch Drogenverkauf, Diebstahl und andere Straftaten dazu oder bekommen Zuwendungen von Verwandten und Freunden. Oft gehen sie einfach weg und versuchen ihr Glück, wo anders in dieser Welt. Auch sie sind für unsere Stadt, unsere Gesellschaft verloren.

Gruppe III.
Meistens auch junge Leute mit Familie, sie haben noch Kindergeld und jobben dazu, wenn möglich. Kommen aber in der Regel nicht weiter mit dem Geld, da fast alle Extra Einnahmen, wie Kindergeld und Zuverdienst angerechnet werden. Mehr als 100 Euro bleiben oft nicht übrig.
Oft sind es junge Mütter. Dabei ist anzumerken, das auffällig wurde, viele von ihnen verdienen sich durch Prostitution etwas dazu. Nicht allzu viel, denn das Angebot an Hobbyhuren in der Stadt ist schier grenzenlos.
Über diesen Wertewechsel, war sogar ich verblüfft und die Sorglosigkeit. Diese Gruppe scheint mir zwar Hoffnungslos, doch sie haben noch nicht aufgegeben. Vielleicht finden sie noch aus dem Teufelskreis.

Gruppe IV.
Sind Patchwork Gebilde. aus Menschen mit und ohne Job. Hier bildet sich die Kaste der traditionellen Familie wieder heraus. Einer verdient, einer kümmert sich um die Familie. Dieses Modell fördert der Staat noch minimal mit Wohngeld, Kindergeld. Das ist vermutlich das neue alte Zukunftsmodell. Wie lange es noch funktionieren wird ist fraglich.

Resümee
Das Fazit, die Bürger dieses Landes haben entweder noch besser oder schlechter bezahlte Jobs, ein Zustand, der vermutlich nicht mehr sehr lange anhält und der Rest geht entweder in der Resignation unter oder hat zur privaten Gegenwehr angesetzt. Schwarzarbeit, Prostitution und kriminelles Handeln sind längst Normalität in Eisenhüttenstadt. Von Seiten der Politik ist nicht zu erwarten, das Änderungen angestrebt werden. Man ist damit beschäftigt, seine eigenen Pfründe zu sichern.

© George W. Lästerbacke.