Freitag, 31. Juli 2015

Frühstück, Europa & Asyl im Straßencafé


Ich sitze hier so im Café “Diana“ frühstücke und hab mir das Notebook mitgenommen. Arbeiten kann ein Autor ja heute überall, solange der Akku des Notebooks oder Tableau hält.

Es ist noch früh, jetzt um 8.45 Uhr in Frankfurt an der Oder. Frankfurt erwacht zum Leben. Mein bevorzugtes Restaurant das “Central“, hätte noch gar nicht geöffnet, auch wenn dort jetzt nicht ein “Burgerbüro“ eingezogen wäre. Lauter tolle Namen für Essen mit hoher Kalorienzahl und wenig Wert für die menschliche Ernährung. Von der Wertlosigkeit für das dauerhafte Sättigungsgefühl rede ich erst gar nicht. Kein Wunder, dass mir hier dutzende Einwohner, der schönen Stadt an der Oder über den Weg laufen, die die Ausmaße Mobi Dicks zu haben scheinen. Nur, dass ich nicht Kapitän Ahab bin und auf den weißen Wal warte.
Da lobe ich mir das Frühstück im “Diana“. Das Café hat wenigstens schon geöffnet und bietet neben einer guten Aussicht auf das Treiben, rund um den Brunnenplatz und das Rathaus, eine gute Frühstücksauswahl. Ein Vollkornbaguette, ein Vollkorn Croissant, etwas Salat und Kochschinken. Nutella fehlt natürlich auch nicht.
Hier weiß ich, dass ich noch Dinge zu essen bekomme, die nachhaltig sättigen, so dass ich bis zum Abend gesättigt bin. Im Gegensatz zu den Kunden des “Burgerbüros“, die nach zwei Stunden, den nächsten Burger vertragen oder aber fette Pommes & Co. Nun ja, die gesunde Ernährung hat vielleicht auch mit Nutzung der Intelligenz zu tun. Essen kann auch gut sein, ohne dass es nur auf Masse, also Quantität setzt, sondern auf Qualität.

Heute hat das Café “Diana“, aber noch einen Vorteil, die frühe Morgensonne wärmt und ich kann gut beobachten. Die Menschen, die hier genau wie ich, eine Weile verweilen müssen oder wollen. Natürlich, Leute beobachten gilt gemeinhin als unhöflich, aber hier im Straßenkaffee, was soll man da sonst machen, wenn man allein ist. Ich habe auch noch eine bessere Begründung, ich bin Autor. Eine spezielle Spezies Mensch, die notwendiger Weise, auch von der Beobachtung des Menschen lebt. Könnten wir für euch sonst auch so lebendig schreiben, wenn wir dies nicht täten? Sicherlich nicht, ihr würdet uns nicht lesen wollen. Ich tippe also und schaue mir “Menschen im Café“ an, das finde ich interessant und ich kann ein wenig spekulieren oder auch philosophieren. Und weil ich Langeweile habe, schreibe ich dabei gleich etwas für euch auf und Frühstücke natürlich.

Es ist mittlerweile schon 9.15 Uhr, mein erster Milchkaffee ist schon kalt und diese frechen Spatzen hier, haben mir, wie nicht anders zu erwarten meinen Kaffee Keks geklaut. Meine Versuche, die unermüdlichen Attacken der kleinen Diebe auf mein Frühstück abzuwehren, könnte man als wenig erfolgreich bezeichnen. Die Lösung gegen diese Frechdachse der Lüfte, ich stelle den Spatzen den Teller mit der Früchte und Salatgarnitur hin. Besonders die Maiskörner sind wohl nach ihrem Geschmack, denn nun darf ich unbehelligt den meine frischen Brötchen essen.

Eben beobachte ich einige Studenten der Viadrina, vermute ich. Der kleinen aber feinen Universität in Frankfurt an der Oder. Studienschwerpunkte sind hier Rechts-, Wirtschafts- und Kulturwissenschaften. Man könnte sagen, in dieser eher kleinen Stadt, werden einige der künftigen Eliten Europas geformt. Diese Eliten sind in diesem Fall weiblich, drei junge Frauen im unvermeidlichen Studiosus Look. Lässig, locker immer ein wenig schlampig um die Haare und natürlich mit der, wie üblich, etwas zu groß wirkenden Umhänge Taschen. Sie schlürfen Milchkaffee, essen Croissants und der Wind weht ab und zu einige Fetzen ihres Gespräches herüber, ein Wortmix aus englisch und deutsch. Ja klar, es geht um Studienthemen, was uns nicht interessieren sollte. Aber man kann deutlich erkennen, die Blonde, wild gelockte Schönheit ist Deutsche, die beiden anderen wohl Polinnen und sie verstehen sich prächtig. So sollte es sein unter Menschen in Frankfurt und Słubice . Słubice ist der polnische Teil der vormals gesamtdeutschen Stadt Frankfurt/Oder. Zwei Städte, die durch die Ereignisse des zweiten Weltkrieges entstanden sind. Sie haben von der in den 1990ern entstandenen Europa Universität mit Sicherheit stark profitiert.

Der Zustrom so vieler junger Menschen und auch ihres Geldes, belebt eine Stadt und Region, verändert sie auch. An diesem Ort ist Europa, welches sich die Gründerväter der Europäischen Union vorstellten, wohl am ehesten Realität. Nicht unbedingt im bürokratischen Sinne, als eher im menschlichen Bereich. Man spürt, dass die Bewohner hier und diesseits und jenseits der Oder, gemeinsam leben. Die geringen kulturellen Unterschiede verwischen sich, die größte Barriere ist die Sprachbarriere. Dass einzige was noch hinderlich ist. Sonst wäre Frankfurt an der Oder schon still und heimlich, sozusagen von unten her wiedervereinigt. Es zeigt aber auch die Dummheit der EU-Politik, die bei aller von “Oben“ verordneten Gleichmacherei vergaß, das Sprache das wichtigste ist, um ein geeintes Europa zu schaffen. Nicht die Harmonisierung von Wirtschaft und Gesetzen schafft ein europäisches Bewusstsein, sondern das direkte Zusammenleben und das sich verständigen können. Europa fängt ganz unten an, nicht ganz oben. Hier in Frankfurt, einem kleinen europäischen Kosmos ist das sehr gut zu beobachten, in einem kleinen Straßencafé.

An einem anderen Tisch sitzt eine hochgewachsene, elegant gekleidete Blondine, Typ Unternehmerin, Lehrerin oder gepflegte Angestellte mit einem eher klein gewachsenen, kraushaarigen Mann, der einem recht dunklen Teint. Für jeden, selbst unbestallten Bürger, leicht als Südländer auszumachen. Doch für einen weit gereisten Zeitgenossen, wie mich, mit etwas Kombinationsgabe, unschwer als Araber zu identifizieren.
Da ich euch ja etwas über die Beobachtung von Menschen berichten wollte, nun mal kombinieren. Die vorab erwähnte Blondine, ist gut gekleidet, ihre Klamotte wirkt Stilsicher, jedoch nicht übermäßig hochwertig, besonders die schwarzen High Heels zum Terrakotta Farbenden Kostüm, wirken eher wie Zalando, als von Star Designer. Der Rest der Garderobe wirkt auch eher wie, mehr Schein als Sein. Der Typ erfolgreiche Mittvierzigerin als Unternehmer fällt also höchstwahrscheinlich aus. Zu niedrige Einkommensklasse, Frauen mit Stil und Geld sind bekanntlich nicht knauserig bei der Auswahl ihrer Bekleidung, bleibt Lehrerin oder Angestellte. Die Lehrerin mit einem Araber? Um diese Tageszeit auch nicht sehr wahrscheinlich, dass man diese im Café Diana antrifft. Bleibt die Angestellte. Sie füllt während sie Kaffee trinkt mit dem arabisch wirkenden Mann Papiere aus. Der Mann hat nicht mal einen Kaffee, alles an ihm wirkt, wie aus dem Secondhandshop.

Nun Schlussfolgere ich mal, tagespolitisch aktuell. Sie ist so eine Sozialbetreuerin, er ist ein syrischer Flüchtling. Flüchtlinge aus dem arabischen Raum sind im Moment oft Syrier. Der Bürgerkrieg triebt sie zu uns, um Schutz für sich und ihre Familien Ein Recht, was ihnen nur Dummköpfe streitig machen. Sogar unsere betriebsblinden Behörden haben bemerkt, dass diese Menschen echte Kriegsflüchtlinge, sie werden deshalb auch recht freundlich behandelt. Nicht wie die Serben, Kosovaren und andere Balkanbewohner, die man getrost als Wirtschaftsflüchtlinge bezeichnen darf. Genau wie den Großteil der Afrikaner, die sich von kriminellen Schleppern anwerben lassen, um sich mit Seelenverkäufern übers Mittelmeer nach Europa einschiffen zu lassen. Ich habe schon des öfteren bemerkt, das sich Mitarbeiter von Behörden mit “Kunden“ nicht im Amt treffen. Vermutlich aus vielerlei Gründen, über die ich hier nicht spekulieren möchte. Aber all diese Information gestatten uns eben Schlussfolgerungen, auch eine eigene Art des Gehirnjoggings. Sir Arthur Ignatius Conan Doyle, der geistige Vater des Sherlock Holmes, ließ es seinen Helden Deduktion nennen.

Randnotiz:
Nein, ich will hier nicht die Asylproblematik thematisieren. Doch wie oben angedeutet, finde ich es gut, dass wir politisch Verfolgten und Kriegsopfern Asyl gewähren. Jedoch lehne ich es ab, Wirtschaftsflüchtlinge wahllos aufzunehmen, wie es eine inkompetente Merkel-Regierung praktiziert. Insbesondere, wenn eine Regierung gegen eigene Gesetze verstößt und dabei selbst als größter Gefährder des inneren Friedens auftritt.

Sagt selbst, findet ihr nicht, dass ein Besuch im Straßencafé durchaus eine Inspiration für die verschiedensten Gedanken sein kann? Versucht es auch einmal, ihr werdet sehen, die Zeit vergeht, wie im Fluge.

Nun ist es bereits 10.30 Uhr und mein Termin hat angerufen. Ich muss also das Café Diana verlassen und überlasse den Spatzen, die schon lange in hab acht Stellung warten, die Reste meines Frühstücks.

George W. Lästerbacke