Dienstag, 21. Mai 2019

Die Liebe, Plato und der erste Hippi



Heute in einen Zeit, in der wir mit vielen Irrtümern, des menschlichen Geistes gebrochen haben, gibt es trotz der allgemeinen Aufklärung, doch noch viele, tabuisierte Grauzonen unseres Lebens. Da wir, wider unsere realen Wahrnehmung, alter und falscher Ethik verpflichtet sind.

Unsere Sicht der Dinge, auf die Liebe, ist gezeichnet von Vorstellungen einer Zeit, in der Liebe, den Lebensumständen entsprechend verklärt wurde, als die einzige Möglichkeit, eines Glücks von Mann und Frau.


Die Frau hatte die Pflicht, den Mann „glücklich“ zu machen, der Mann hingegen, die Pflicht, die Familie zu versorgen. Sehr vereinfacht formuliert, die Ehe als überlebenswichtige Versorgungsgemeinschaft zur Zeit, des aufkommenden Christentums und des frühen Mittelalters.

Gefühle spielten bis in das frühe Mittelalter, eine untergeordnete Rolle. Ehen wurden nach Notwendigkeiten geschlossen. Die Aufgabe der Anbahnung der Versorgungsgemeinschaft, wurde von den Eltern übernommen. Bis ins 20 Jahrhundert eine globale Praxis, auch unabhängig von der Religion betrachtet. Natürlich machten die Religionen ihren Einfluss geltend, trotzdem wurde nach Stand und Dünkel verheiratet. Die Religion, ins besondere das Christentum, schuf wiederum ein Konzept der besitzergreifenden, einengenden Liebe. In einer unglücklichen Symbiose von christlichen Ethik und Romantik des Mittelalters entstand so, eine eher unreine Liebe.

Im Mittelalter, mit dem Anfang der Romantisierung vieler Lebenswelten, da kam die gefühlsbetonte Liebe wirklich ins Spiel. Legenden, Geschichten, Minnesang, Alles wurde mit viel lieblichen Gefühl betont.

Natürlich gab es Gefühle schon immer, doch wirklich verherrlicht wurde sie erst durch die Boten der Liebe, den Minnesängern und Schreibern. Sie brachten die Romantik der Gefühle unter das Volk. Die vom Christentum favorisierte Form der Ehe und Einzelbeziehungen bekam eine perfekte Ausdrucksform.Der Mensch will glauben, was er fühlt. Eines unser bedeutendsten Lebensprinzipien, die Empathie, wurde plötzlich öffentlich und schön.

Insbesondere im christlich, dominierten Europa passten Einehe und Liebe wunderbar zusammen. Also tat der Mensch, was er immer gerne tut. Er glaubte, dieses mal an die Liebe. Als genormtes Schema, mit christlichen Rahmen. Zweisamkeit und Treu. Zwar frönte der Mensch weiter zügellos, der Lust und der Leidenschaft. Doch Lust und Leidenschaft wurde auch zum Fanal der Verwerflichkeit, wenn man die Lust und Leidenschaft mit Anderen, als dem eigenen Partner teilte.

Das war der Grundstein unserer heute noch dominierenden Sicht der Liebe. Die oft, so wunderschön und romantisch illustriert wird, doch uns auch so viele unendliche Sorgen bereitet. Heute in einer Gesellschaft, die so anders funktioniert, wie vor vielen Jahrhunderten. Schon in der Renaissance, die auch der Vorreiter für die humanistischen Aufklärung war, suchte man nach Erweiterungsmöglichkeiten für das Konzept der Liebe.

Antiken Philosophen wurden gerne zu Rate gezogen, durch das Studium und die Auslegung ihrer Schriften. Platon formuliert in der Liebe ein Streben, das stets vom Besonderen zum Allgemeinen, vom Vereinzelten zum Umfassenden führen sollte. Der grundsätzlichen platonischen Theorie zufolge, waren die Liebenden Philosophen oder musste zu Philosophen werden und als solche, auf eine von Platon beschriebene Weise mit der Liebe umgehen.

Im Sinne Platons wählen die Liebenden bewusst einen philosophischen Weg, der sie zu immer höheren Ebenen der Erkenntnis führen sollte. Plato unterwirft das Lustprinzip der Erotik im Lauf eines Erkenntnisprozesses, einer gestuften Minimierung, um es den Liebenden zu ermöglichen, sich auf immer umfassendere, allgemeinere, höherrangige und daher lohnendere Objekte zu konzentrieren.

Das erreichen, einer greifbaren Wirklichkeit, die Platon als das Schöne an sich bestimmt, ist das würdigste Objekt, das es zu erreichen galt. Das erreichen dieser Stufe, der Erkenntnis ist das Ende, des Strebens der Liebenden, nach der Lehre vollkommener Erkenntnis. Plato an sich definierte die Liebe, eher als geschlechtsloses, allumfassendes Konzept das nicht die Göttlichkeit anstrebte, sondern das menschlich machbare.

Keineswegs sollte die Liebe so vollkommene sein, das sie völlig vergeistigt würde. So wie es die modernen Philosophen interpretieren mochten. Das auf Plato beruhende Konzept der platonischen Liebe, war also ein Missverständnis der modernen Philosophen. Diese wollten die reine, wahre Liebe ohne des Fleisches Lust. Als kleines exemplarisches und prominentes Beispiel möge heute noch Johann Wolfgang von Goethe und Henriette von Stein genannt sein. Gerne als sich rein platonisches Liebespaar der Zeitgeschichte dargestellt.

War es wohl eher der mangeln an Gelegenheit, der die Keuschheit nötigte, als den der Mangel an Lust. Dem angeregten Schriftverkehr von über 1700 Briefen, ist zum Beispiel zu entnehmen, das Goethe die Dame höflichst gebeten hat, sie möge ihm doch getragene Schuhe zusenden. Nach Möglichkeit häufig getragene. Es gehört nicht viel Phantasie dazu, was der Herr Dichter mit diesen Schuhwerk wohl anzustellen beabsichtigte.

Heute in unserer Zeit, wissen wir, was Pheromone sind. Goethe wusste das nicht, doch um sich an ihnen zu berauschen, musste er das auch nicht wissen. Dazu sind unsere, heute etwas entzauberten Sinne da, diese wissen was zu tun ist. Denn letztlich, wollen wir unseren Dichterfürsten nicht unterstellen, das er sie tragen wollte.

Viel mehr Sinn macht es, das Verständnis der platonischen Liebe, als Weg über die erotischen Gefühle, hin zu höheren geistigen Ebenen zu sehen, die uns eine tiefe, geistige Liebe zu allen Menschen ermöglicht, die unserer Empathie stärkt und das Zusammenleben schöner und friedvoller macht. Er befreite als erster Philosoph die Liebe von Zwängen jeder Art. Platos Bild von der Liebes, würde man heute wohl, modern als Ganzheitlich bezeichnen.

So gesehen, war Plato der erste Hippi.

Blasphemous Jaw

© George W. Lästerbacke