Donnerstag, 21. Februar 2019

Ein offener Brief für Sawsan Chebli


Sehr geehrte Frau Sawsan Chebli

Ich schreibe ihnen heute einmal von Mensch zu Mensch und von deutschem Staatsbürger zu deutschem Staatsbürger. Seit längerem lese ich bei ihren Tweets auf Twitter mit. Durch viele Äußerungen haben sie alles getan, um Zuhörer und Mitleser zu finden. Genug Kritiker und Beifallklatscher haben sie ja gefunden. Doch ich dachte mir, ich schreibe ihnen heute einmal, um ihnen vielleicht auch ein klein wenig, bei ihrer Missionierung Anregungen zu geben. Denn sie twittern zwar offiziell, ganz privat, aber das mit missionarischen Eifer. Deshalb auch mein ganz privater, offener Brief für Sie.

Ich erwarte auch keine Antwort, weil ich den Eindruck habe, dass sie sehr mit sich selbst beschäftigt sind. Deshalb versuchen sie, was ich schreibe, als Inspiration für ihre Arbeit zu sehen.

Persönlich finde ich es toll, dass sie sich sehr für Integration einsetzen und auch ihre Meinung vertreten. Auch Standpunkte zum Antisemitismus und andere Themen kann ich durchaus teilen. Mir ist auch egal, ob sie sich überteuerte Uhren kaufen, solange sie diese bezahlen können, ist das in Ordnung. Mir geht es eher um etwas Grundsätzliches, mir scheint, dass sie selbst in Sachen zwischenmenschlicher Kommunikation schwächeln und so auch ihrem Einsatz in der Integrationsarbeit einen Bärendienst erweisen.
Damit will ich ausdrücken, dass man wirklich wahrhaftig wirken sollte und nicht wie die ewige Nörglerin.
Ich spiele hier nicht auf irgendwelche sprachlichen Ausrutscher oder ihre Qualifikationen an, zu den Themen, die sie aufgreifen. Ich rede schlicht davon, dass sie oft wirken, als würden Sie nicht verstehen, wie die Menschen ticken. Denn genauso muss man Ihre Äußerungen oft auffassen, in der Breitenwirkung.

Es ist hier nicht notwendig sie im Wortlaut zu zitieren und dann ellenlang über ihre Äußerungen zu schwadronieren. Eher möchte ich Sie auffordern, reden Sie bitte einmal mehr mit ganz normalen Menschen auf der Straße und lernen, wie diese denken und dann können Sie weiterhin über, zum Beispiel Integration sprechen. Insbesondere meine ich hier nicht, dass sie in ihrem Berliner Umfeld, wo sie jeder kennt, noch einen Kaffee Latte mehr mit Bekannten schlürfen sollen, sondern, dass sie Deutschland bereisen und mit ganz normalen Deutschen reden. Ohne Termindruck, einfach improvisiert, vielleicht mal im Urlaub von Hamburg nach Bayern und von Sachsen nach Mecklenburg Vorpommern.

Ich tue das oft, weil ich es als Teil meiner Arbeit sehe, Menschen zu verstehen. Und Sie können mir glauben, auch mir fällt es gelegentlich schwer, mich in jedermann hineinzuversetzen. Doch ich tue es, weil auch mein Leben sonst am real existierenden Menschen vorbei geht. Auch schreiben kann von der echten Welt entfremden und dann taugt alles, was ich publiziere nichts mehr.

Aber, jemand wie Sie Frau Chebli, der häufig und gerne über Integration redet, sollte auch die Mentalität der Menschen verstehen, in deren Land andere Menschen sich integrieren sollen. Das ist aktive Integrationsarbeit. Denn diese Integrationswirkungen, müssen Sie nicht in ihren Kreis von Bekannten, Freunden und Politikern erfahren, sondern in der Welt des einfachen Bürgers. Und dieser Bürger tickt noch weniger ähnlich, wie ihr Bekanntenkreis aus dem politisch korrekten Berliner Paralleluniversum.
Berlin ist eine Großstadt, ein teils recht buntes Multi-Kulti Universum und sie gehören heute sogar zu dem privilegierten Teil des Selbigen.
Das finde ich schön, denn Sie haben etwas erreicht und dass ist Beileibe schon eine reife Leistung. Und doch sind Sie sehr Weltfremd, wenn es darum geht, was Integration über Generationen leisten muss. Weil sie gewisse Verhaltensmuster als Ausgrenzung empfinden, heißt es nicht, dass es auch Ausgrenzung ist. Oft ist es einfach nur Höflichkeit oder auch Interesse. Denn der Deutsche an sich, ist freundlich und an seinem Umfeld interessiert.

Ich erwähne hier einmal, Sie erregten sich, dass sie auf einem Flug in englisch von einer deutschen Stewardess angesprochen wurden und sie ärgern sich darüber, dass Menschen sie nach ihrer Herkunft fragen und erstaunt sind, dass sie eine deutsche Akademikerin sind. Weil sie sich aus gutem Grunde als Deutsche sehen, denn so würde auch ich Sie sehen.
Doch der einzige Grund für mich, sie sofort als Deutsche zu sehen ist, ich habe schon einige Informationen über ihren Migrationshintergrund aus den Medien.

Und nun eine für sie vermutlich nicht schockierende Information. Ich bin mir sicher, sie besitzen einen Spiegel, für andere Menschen, die sie nicht kennen, sehen sie aus, als könnten sie eine Touristin/Migrantin sein.
Und hier fängt ihre kommunikative Schwäche unter anderem an, sie weigern sich diesen Aspekt zu akzeptieren. Zu recht sehen sie sich als Deutsche und doch wirken sie auf Menschen, die sie nicht kennen erst einmal fremd. Was bei ihrem Erscheinungsbild, mögen sie auch noch so sehr einen westlichen Modestil folgen, nicht überraschend ist. Es ist aber auch nichts Böses, wenn andere Menschen sie darauf hin geographisch, als nicht Deutschstämmig einschätzen. Das liegt in der Natur der Dinge, dass wir ein einzigartiger und manchmal anders wirkender Mensch sind. So hat uns die Natur erschaffen, einmalig anders.

Gesunde zwischenmenschliche Kommunikation beruht aber darauf, dass man zuerst erkennt, sie sind ein Mensch und dann darauf zu erkennen, dass es kleine Unterschiede gibt, die unser Interesse erregen. Manchmal ziehen wir auch voreilige Schlüsse. Das ist im Einzelfall möglicher Weise etwas störend, doch dass ist das Leben. Und grade Menschen die bereits aktiv integriert sind in unsere Gesellschaft, sollten hier ihre Vorbildwirkung leben. Sie sollten besonders kommunikativ sein, wenn sie im Rampenlicht stehen.

Und so mag es geschehen, dass eine deutsche Flugbegleiterin in einem deutschen Flugzeug, einer deutschen Staatsbürgerin einen Kaffee in englischer Sprache anbietet. Weil sie diensteifrig, etwas voreilig auf Grund ihres Aussehens geschlossen hat, sie wären ein Gast in Deutschland und die Flugbegleiterin, Ihnen Frau Chebli höflicher Weise den Kaffee in einer Sprache anbieten wollte, die Sie verstehen.
So wird es auch immer wieder vorkommen, dass sie Frau Chebli von Fremden in einem Gespräch gefragt werden, woher sie kommen. Denn dies ist kein Beweis für Ignoranz in Sachen integrierter Migrantenkinder, sondern der Beweis, das sich der Mensch untereinander näher Kennenlernen möchte.
Es ist eine Frage der Höflichkeit, Informationen über den anderen zu bekommen, um aufeinander eingehen zu können. Ein Soziologe würde ihnen das jetzt ausführlicher erläutern, aber ich denke, sie sind klug genug, das zu verstehen, wenn sie das wollen.

Den Standarddeutschen gibt es eben nicht, es gibt nur den Deutschen und dieser hat auch immer eine Herkunft, nach der jemand fragen wird. Ich bin Deutscher und sehe wohl auch durchschnittlich deutsch aus. Trotzdem werde ich auf Reisen durch Deutschland überall gefragt, wo ich den genau her stamme.
Das liegt daran, dass auch ich sprachliche Nuancen aufweise, die mich, als nicht unbedingt, den regional ansässigen Deutschen zuordnet. Und wenn sie das verstanden haben, werden sie eben verstehen, dass niemand sie ausgrenzt, sondern viele Menschen versuchen, sie einfach in ihr Weltbild zu integrieren. Weltbilder unterliegen nun mal dem ständigen Wandel, wie der Zeitgeist.

Ich empfinde es als höflich, in Gespräche einzubinden, woher ich komme. Das interessiert die Menschen, weil es völlig normal ist. Und in langen Gesprächen flechte ich sogar ein, dass mein allererster urkundlich erwähnter Urahn, im 11. Jahrhundert in Köln lebte und Advokat war. Wenn ich dann noch bemerke, dass man auch “schwarze Schafe“ im Stammbaum erwähnen muss, lachen in der Regel alle und ich bin in einer unbekannten Ecke Deutschlands schneller integriert als gedacht. Denn ich stelle mich, wie ein Mensch dar, der wie ich und du ist, den die anderen Menschen schon ein wenig Kennenlernen konnten. Offenheit und Humor kommen immer gut an.

Und um auf die Integration, ihrem Anliegen zurückzukommen. Jeder Migrant wird noch über Generationen seine Geschichte erzählen müssen, dass heißt aber nicht, dass er nicht als Deutscher akzeptiert ist. Aber er kann noch mehr erzählen, als die meisten Deutschen ohne Migrationshintergrund.

Und wenn Sie mir jetzt noch nicht folgen können, dann erkläre ich es ihnen auf Wunsch auch gerne persönlich.

Mit freundlichen Grüßen
Georg Werner Sobotta aka George W. Lästerbacke