Dienstag, 5. Februar 2019
Integration für Anfänger?
Bevor ich meine Gedanken weiter niederschreibe, will ich allem voran ein Zitat stellen. Es ist ein Tweet von Twitter. Er stammt von einer SPD Staatssekretärin, sie ist Deutsche mit Migrationshintergrund, welche mittlerweile schon fast jedem, wenigstens auf Twitter bekannt ist. Denn sie twittert unermüdlich, früh, mittags und abends. Das tut sie natürlich privat, so steht es wenigstens in ihrem Profil. Wenn sie dies auch von der Arbeitsstelle und anderen dienstlichen Verpflichtungen aus tut. Sie hat auch zu den vielfältigsten Themen eine Meinung, die soll sie auch haben dürfen. Was sie allerdings nicht zur beliebtesten Frau auf der Plattform macht, aber sicher zu einen Quoten-Hit für Twitter.
Nein, ich meine nicht, dass sie eine Quotenfrau ist, auch wenn einem ab und zu, bei ihren Tweets schon mal der Gedanke kommen kann, dass sie nicht mit reiner Qualifikation und Raffinesse an den B11 besoldeten Job auf Staatssekretärsebene gekommen sei. Aber ich spekuliere nicht, das weis das Personalbüro des Ministeriums sicher besser.
Der originale Tweet aus dem Januar 2019:
„Dieser Gesichtsausdruck einiger Leute, wenn man nach seiner #Herkunft gefragt wird, weil "man ja so gut #Deutsch spricht", sie dann erfahren, dass man hier geboren und #Akademiker ist. Als ob sie Außerirdische gesehen hätten. "Und dann noch Journalist und Freiberufler!"
Das die Dame faktisch pausenlos mit ihrem Migrationshintergrund kokettiert und gerne betont, wie weit sie es als Kind von Migranten gebracht hat, mag irritieren, aber gut. Es ist wohl ihre Sache, wie weit man sich in seine Herkunft steigert. Ich meine ich kenne auch so einige Supergermanen. Mich persönlich interessiert das weniger. Ich weis, wo ich geboren bin, mag meine Herkunft und meine Heimat. Wer dass immer wieder gewichtet, will für mich nur Aufmerksamkeit erhaschen, denke ich. Aber auch dass ist heute nicht das Thema.
Viel mehr geht es mir um Integration und seltsame Ansichten dazu, auch die Ansichten dieser SPD-Staatssekretärin. Wir wissen alle, das Integration ein Generationenprojekt ist, würde ich meinen. Das sagt uns die persönliche Erfahrung oder auch erworbenes akademisches Wissen. Es scheint nur für die zitierte Dame und so einige aus der gleichen politischen Fraktion, schwer zu sein diesen Umstand zu verstehen.
Ich gehe davon aus, dass Deppen, die meinen dass man Menschen anhand von Rassen unterscheidet, hier sowieso nicht mitlesen. Denen klingt das vermutlich zu akademisch, was es natürlich nicht ist. Wir reden hier eher von Allgemeinwissen und Erfahrungswerten.
Die Biologie macht uns alle gleich, mögen wir uns auch in optischen Facetten unterscheiden. Lassen wir alle Äußerlichkeiten weg, sind wir alle nur Homo Sapiens. Das macht uns alle gleich. Egal, wie sehr wir uns in Charakter, Temperament, Sprache und Kultur unterscheiden, wir bleiben doch Menschen. Kommen wir auch aus den verschiedensten Ecken der Welt, es ändert sich nichts an unserer Biologie. Damit ist das Thema für mich auch durch.
Ganz anders ist das allerdings mit Integration. Hier weis der Soziologe, wenigstens der ohne linke Scheuklappen, dass die Integration in eine Gruppe nicht über Nacht funktioniert. Egal wie wild entschlossen ein Fremder ist, sich zu integrieren, es ist doch die Regel, dass er auf eine geschlossene homogene Gruppe, in die er einwandert, zumindest kulturell und oft auch optisch fremd wirkt. Dieser Umstand ist einfach nachzuvollziehen.
Ein Beispiel wären Deutsche, die in die USA einwanderten. Sie gründeten ganze Siedlungsgebiete, lebten und arbeiteten dort, wie jeder andere Amerikaner und erst in der dritten und vierten Generation, waren sie wirklich angekommen, weil sie sogar ihre ursprüngliche Sprache verlernten. Was nicht heißt, dass diese Deutschstämmigen nicht schon früher persönlich bestens integriert waren. Doch auch für den alteingesessenen Amerikaner waren sie, eben auch aus den verschiedensten Gründen, noch über Generationen die Deutschen. Integration ist abgeschlossen, wenn niemand mehr fragt, woher du kommst und dafür gibt es viele Faktoren. Wobei der Vergleich zwischen den USA und Deutschland immer etwas hinken muss, denn die USA sind durch Einwanderung entstanden. Deutschland kennt nur die sehr verzögerte Einwanderung, entweder durch die Völkerwanderungen, welche sich über Jahrhunderte streckten, in Gebiete germanischer Stämme oder aber kleiner Gruppen. Wobei es keine Rolle spielt, aus welchen Gründen diese Einwanderung stattgefunden hat.
Wir können auch noch das Beispiel Russlanddeutscher nennen. Mittlerweile sind viele von ihnen schon in der zweiten und dritten Generation in Deutschland und es gibt keinen Unterschied zwischen einem hier seit Hunderten von Jahren ansässigen Deutschen und ihnen. Und doch, ein feiner Beobachter erkennt noch den Russlanddeutschen, obwohl dieser bereits hier geboren wurde. Und dass wo diese Personen faktisch nicht mal wirklich eine andere ethnische Gruppe sind.
Sie waren lediglich einige Jahrhunderte nicht im eigenen "Stammesgebiet" und haben sich natürlich auch außerhalb ihrer Gruppe mit Angehörigen anderer Gruppen vermehrt. Was meistens kaum sichtbare äußerliche Spuren hinterlassen hat. Aber es zeigt, wie fein das innerer Radar des Menschen justiert ist, wenn es um die Wahrnehmung von Fremden geht. Ganz bewusst lasse ich das Kapitel der erzwungenen Merkel-Einwanderung aus. Denn hier geht es um Politik und Dominanz einer Politischen Kaste, welche jegliche Bodenhaftung, auch im Bezug auf Einwanderung verloren hat und schon heute weis, dass dies in dieser Form ein Fehler war, den wohl einige Generationen gemeinsam mit den Neuzugängen ausbaden müssen. In Europa ist vielleicht Deutschland die neue USA, wenn man es nur von der Seite der Einwanderung betrachtet.
Heute haben wir die bewusste Scheu vor dem Fremden längst hinter uns gelassen. Die Aufgeklärten unter uns, versuchen es heute eher mit der Neugier auf das neue unserer Mitmenschen. Einige tun dies völlig Vorbehaltlos, andere wiederum nicht. Denn fest verwurzelt im Unterbewussten ist dieser Instinkt noch vorhanden. Diese kleine Portion Skepsis, die uns früher, als wir noch in Sippen lebten, oft das Überleben sicherte. Und auch damals schon nahmen wir Fremde auf, nur eben verhaltener. Es war nicht so selbstverständlich wie heute, meistens waren es wirtschaftliche Gründe oder auch genetische Vielfalt, die wir benötigen, welche eine Öffnung ermöglichte. Auch hier könnte man viele historische Beispiele bringen.
Und wenn wir wieder auf den zitierten Tweet zurückgreifen, dann darf man ruhig fragen, wie verblendet muss ein Mensch sein, um das nicht zu begreifen oder wie fixiert auf sich selbst?
Ich verstehe zwar absolut die Kinder von Migranten, die gelegentlich genervt sind, wenn sie vermutlich zum x-ten male gefragt werden, woher sie kommen. Sie verstehen sich als Deutsche, was auch gut so ist. Doch es fragt niemand aus Boshaftigkeit, sondern er zeigt Interesse an seinen Mitmenschen und man kann ihm dann sogar noch die kurze oder lange Version seines Lebens erzählen. Wenn diese Sorte Menschen mit Migrationshintergrund verstehen, dass sie aktiv an der Integration vieler Menschen arbeiten, wenn sie ihre Geschichte erzählen, dann sind sie definitiv integriert und haben Integrationsprozesse verstanden. Sie helfen tatsächlich eine buntere Gesellschaft zu schaffen. Denn auch fremd wirken, kann normal werden, wenn man Geduld zeigt.
Manchmal hilft es eben, in den Spiegel zu sehen und festzustellen, ja es stimmt, ich sehe anders aus. Also bin ich tolerant und geduldig, ich erzähle dem anderen von mir. Der andere wird vielleicht überrascht sein, was für eine tolle Deutsche ich geworden bin und sich mit mir freuen.
Denn positiv auf Menschen zugehen und zeigen, dass wir alle gleich sind, dass müssen wir alle tun. Dass ist keine Einbahnstraße für alteingesessene Einheimische, dass ist Integrationsarbeit für alle Deutschen, auch für die mit Migrationshintergrund.
Irgendwann hört sicher auch die nervige Fragerei auf. Wenn man oft genug Fragen beantwortet hat, vielleicht auch bei den Kindern der Frau von der SPD, die denkt dass alle Deutschen sofort erraten, dass sie eine Deutsche ist. Obwohl auch sie sicher, außer einer Rolex, einen Spiegel besitzt.
Diese Frau, die sich darüber lustig macht, dass Menschen noch staunen und überrascht sind, hat selbst noch viel zu lernen.
George W. Lästerbacke