Mittwoch, 28. August 2013

Philosophen und Irrwege, ein Disput

„Denken Sie weniger, und leben Sie mehr.“

Dieser Aphorismus von Johann Georg Hamann eines Schriftstellers und Philosophen aus der Epoche um 1700.

Was ist damit gemeint? 

In Gedanken formuliere ich meine Antwort. Zögere noch sie auszusprechen.

„Was für eine relativierende Scheiße.“

Meine Gedanken, was für ein Gegensatz zu meinem Gesprächspartner, der aus dieser einen Zeile einen Monolog von mehreren Minuten macht. Der Inhalt ist irgendwie immer der Gleiche, nur anders formuliert. 
Sinn freies Esoteriker Schwafeln über das Universum das uns liebt und für Alle genug bereit hält. Jemand, der wohl schon vor langer Zeit an der Realität des Lebens gescheitert sein muss und nun das Universum mit  “Alles wird schön und Alles ist Liebe“ zu brabbelt.

„Was für eine relativierende Scheiße“ nun spreche ich es aus und teile meinen Gedanken mit der Welt. 

Das Universum, wir sind dem Universum scheiß egal und uns sollte das Universum scheiß egal sein. Wir sind Jeder für sich unser eigenes Universum, wir interagieren mit den anderen Universen anderer Menschen.

Das zu erkennen und uns zu verstehen, unsere Welt, die Universen Andere das ist unser Lebenssinn.

DAS Universum braucht uns nicht erschrecken, weil wir ein so kleines Element darin sind, das uns DAS Universum gar nicht wahrnimmt. Natürlich stelle ich nicht in Abrede, das uns rationales Faktenwissen, soweit es uns möglich ist, über Das Universum interessieren sollte. Doch unsere kleinen Universen zu begreifen, das bringt uns Freude, Lebensqualität und Freiheit.

Unwahrscheinlich das mich Jemand versteht. Aber dafür denke ich auch nicht. Ich denke, um selbst zu verstehen. Mir ist es egal, ob mich Andere verstehen. Die, die mich nicht verstehen, sind längst gefangen im weniger denken, mehr leben.

Was im 21. Jahrhundert wohl gleichzusetzen ist mit verfangen in der verdummenden Mainstream Kultur oder verheddert in der Anti Mainstream Kultur. Zwei konkurrierende Anti Denk Modelle, welche die Menschheit in ein geistiges Wachkoma versetzt haben.

Mit “DENKEN, weniger leben.“, wäre etwas Rationales gemeint. Etwas, das die Gedanken bestimmt, Einen einengt, nicht mehr loslässt. Mich von spontanen Entscheidungen abhält. Mit “mehr LEBEN“ das Gefühl, die Spontanität. Gefühle zuzulassen, Gefühle auszudrücken. 
Ohne dabei zwingend die Rationalität zu ad absurdum zu führen. Gefühle sind für mich nicht irrational. Sie sind für mich genau so erklärbar und somit zu verstehen, wie eine Naturwissenschaft. Mit jeden Gefühl, das wir bewusst erleben, können wir uns und unsere Umwelt mit der wir interagieren besser verstehen.

Ich tue das seit langer Zeit. 

Ich lasse Gefühle zu, ich lasse sie aber nicht über das Denken triumphieren. Ich bin kein Opfer meiner Gefühlswelt, ich genieße Gefühle bewusst. Ich denke viel und lebe mehr. Ich steigere meine Lebensfreude dadurch.

Ich drücke Gefühle aus, in kleinen Texten, Nachrichten zwischen mir und wenigen Freunden, die irgendwie weit genug entfernt und doch nah genug an mir dran sind, um mir zuzuhören und keine dummen Kommentare abzugeben oder sinnlose Fragen zu stellen.

Und das alles hilft.

Deshalb sage ich zu dem Hamann Zitat „Was für eine relativierende Scheiße“ Denn ich denke, also bin ich. Das Denken macht mich freier, für mehr Leben, nicht für weniger DENKEN.

Was hätte besagter Philosoph und Schriftsteller dazu gesagt?

Hätte er dem widersprochen, undeutlich formulierte Erklärungen gestammelt? Ernsthaft darüber nachgedacht? Hätte er erkannt, das er die Menschen in einer zu Ende gedachten Version seiner Aussage auffordert, sich einfach nur treiben zu lassen. Frei für Manipulation durch die, die erkannt habe, das Denken frei macht und Macht verleiht. 
Würde er verstehen, wenn er die heutige Gesellschaft betrachtet, das seine Aussage so schwammig formuliert, die Welt nicht besser, sondern schlechter macht. Weil nicht die Denker, sonder die, die mehr Leben, dafür seiner “Weisheit“ folgend weniger denken, ihn gerne zitieren?

© George W. Lästerbacke