Donnerstag, 4. September 2014

Stadtfest Inside

Was ihr in der Märkischen Oder Zeitung nicht nicht lesen werdet.


Ein kleines Vorwort
Ich habe euch vor einer Woche versprochen habe, eine Nachlese zu unserem 15. Stadtfest in Eisenhüttenstadt zu schreiben. Ganz sicher wird das, wieder nicht jedem Leser gefallen. Doch ich meine nun mal, das Sachverhalte und Umstände genauer betrachte werden sollten, wenn es viel negative Stimmen gab. Was Lobenswertes werde ich immer gerne erwähnen, etwas dass schlecht durchgeführt ist, jedoch auch. Deshalb habe ich mir auch die Zeit genommen mit Menschen hinter den Kulissen zu reden. Ich berichte nun über das Stadtfest, aus meiner Sicht, der Sicht von Insidern und sachlichen Hintergrundfakten.

15. Jahre Stadtfest Eisenhüttenstadt
Etwas das als kleines Wirtschaftswunder, in einer langsam dahin siechenden Stadt, Ende der 1990er Jahre begann und sich zu einem überregional bekannten Event entwickelte, unser Stadtfest. Sogar eine eigene Marke wurde dafür entwickelt, diese wurde lizenziert und bringt der Stadt somit auch noch Gebühren. Jahr für Jahr strömen für drei Tage im Jahr hunderttausende Menschen aus dem gesamten Bundesgebiet zu diesem Event. Eisenhüttenstädter aus nah und fern, ihre Freunde, Verwandte und Party Touristen genießen einen phantastischen Event. Internationale und nationale Pop Ikonen waren ein Publikumsmagnet, viele Eisenhüttenstädter Vereine und Einrichtungen trugen dazu bei, ein gelungenes Fest zu gestalten. Zur Finanzierung trugen Stadt, kommunale Betriebe und natürlich Arcelor Mittal als Sponsoren bei. Das Eisenhüttenstädter Stadtfest war beliebt, weit über die Stadt- und Landesgrenzen hinaus.

Der Originalton vieler Eisenhüttenstädter Bürger zum Stadtfest
Es war im allgemeinen immer ein erfreulicher, erwartungsvoller Ton, in dem man sich zum Stadtfest äußerte. Über kleine Unleidlichkeiten sah man gerne hinweg, war gespannt, was Stadt, Bürger und Veranstalter sich einfallen lassen, für das nächste Jahr. Ein fester, freudiger Termin für jeden Eisenhüttenstädter Bürger. So wichtig, wie das Weihnachtsfest oder die Silvesterparty. Doch in 2014 änderte sich das.


Der Originalton vieler Eisenhüttenstädter Bürger zum Stadtfest 2014
“Eine lieblose, künstlich in die Breite gezerrte Fress- und Saufmeile mit einem Überangebot an zum Teil schlechten Produkten, zu völlig überzogenen Preisen.“

Sogar von Freunden aus Berlin und Hamburg, die wenn es möglich ist, das Stadtfest besuchen, bekam ich Feedback, das besagte, wir haben dieses Jahr nichts verpasst. Ein Umstand den ich auch aus eigenem Erleben zum Teil bestätigen konnte. Eine Krakauer im Brötchen, vom grillen völlig vertrockneten, diese polnische Spezialität hatte wohl schon Stunden auf dem Grill verbracht, für vier Euro. Diese Krakauer serviert in einer Servierte mit einem Aldi Brötchen, das wohl ebenso viele Stunden herum gelegen hatte und von bröseliger, pappiger Konsistenz war, verdarb auch mir die Freude und den Genuss am Essen. Pommes für 3 Euro und mehr, dünne Cocktails für 5 Euro. Nur am Rande erwähnt, bis zu fünf Crêpes Stände, als besonderes Highlight? Ein Bungee Jumping zu astronomischen Preisen ab 50 Euro, als Alternative zum Riesenrad. Mit diesem Riesenrad konnte man für 5 Euro wenigstens drei mal auf die Stadt und das Fest schauen. Doch wie viele Festbesucher wollen aus 30 Meter Höhe, an ein Seil gebunden, in das Stadtfest springen? Die Riesenrutsche war nicht vorhanden, andere gewohnte Fahrgeschäfte blieben aus, ohne einen interessante Alternative. Die Rummel- und Jahrmarkt Angebote, waren so zerstreut über die Festmeile, das selbst die hartgesottenen Fans solcher Aktivitäten keine Lust mehr hatten, jedes Angebot zu suchen und auch zu Nutzen.

Die Angebot des Brandenburg Dorfs, der kleinen Bühnen und der Hauptbühne ließen noch den Eindruck voriger Stadtfeste aufkommen. Schön gelebte Regionalität. Alles andere was, dem Fest eigentlich Flair geben sollte, wirkte organisatorisch zusammengestoppelt, lieblos und merklich dem Kommerz unterworfen. Zugegeben, die Eifelturm Minibühne mitten in der Laufzone, war eine nette Idee in Kombination mit einem Imbissstand.

Das überwiegend unzufriedene Bild, das sich bei vielen Besuchern aufbaute, war keine grundlose Nörgelei. Sie hatte eben handfeste Gründe. Ich habe Schausteller, Standbesitzer und andere Mitwirkende am Stadtfest getroffen und das Management der Veranstaltung hinterfragt.

So sah das Management für viele Mitwirkende von innen aus
Der Veranstalter COMPACTTEAM hatte dieses Jahr, wiederholt in der Stadt die Aufgabe, das Stadtfest durchzuführen. Diese Agentur brachte noch zwei weitere Agenturen ACE und Sun Event mit ins Boot. Die Agentur hatte vier Wochen Zeit, das Stadtfest zu organisieren. Für einen Neueinsteiger sicher eine Herausforderung, für eine hochkarätige gut am Markt eingeführte Agentur mit zahlreichen Kontakten, keine wirklich schwere Aufgabe. Veranstaltungsprofis, so sollte man denken. Doch es herrschte wohl eher unkoordinierte Arbeitsweise vor. Eine Zitat „Viele Köche verderben den Brei.“ Das mir schon im den ersten Sätzen, bei meinen Gesprächen begegnete.

Die “Blauen Bändchen“, die bekanntlich mit zur Finanzierung des Stadtfestes beitragen sollten, standen nicht, wie notwendig in vollen Umfang zur Verfügung. Am Freitag zum Verkaufsstart waren 60% der Bändchen verfügbar. Der Rest wurden erst am Samstag ausgeliefert, was natürlich auch zu verminderten den Verkaufszahlen beitrug. Die Riesenrutsche, die bekanntlich schon lange Bestandteil des beliebten Stadtfestes war, ist angereist. Jedoch reisten sie wieder unverrichteter Dinge ab. Der einfach Grund, der Veranstalter fand keinen passenden Platz für diesen Schausteller. Schon absurd, wenn man bedenkt, welche Lücken dieses Jahr eigentlich vorhanden waren. Einfach nur schlechte Organisation. Dass, das Riesenrad nicht kommen würde, war bereits von Anfang an bekannt, wurde aber erst am Donnerstag vor dem Stadtfest bekannt gegeben. Warum es nicht kam, bleibt Spekulation, die überteuerten Preise, der Stellflächen oder auch organisatorische Schwierigkeiten. Es soll auch Schwierigkeiten mit den Platzzuweisungen gegeben haben, bei einigen Verkaufsständen, wurde mir berichtet. Ein Crêpes Stand sollte gleich neben den Toiletten im hinteren Bereich stehen, nachdem der Verkäufer am Mittwoch bis 16.00 Uhr, vor dem Stadtfest noch keine Platzanweisung hatte. Eine absurde Vorstellung. Wenn ab Mittwoch aufgebaut werden darf, sollten wenigstens diese Dinge auch Mittwoch vormittags geklärt sein. Die Teils völlig überzogenen Essens- und Getränkepreise, waren auch nicht unbedingt, der Geldgier der Anbieter zuzuschreiben. Sie waren der Betriebswirtschaft geschuldet. Der Veranstalter ACE verlangte dieses Jahr drei mal so viel Standmiete, wie im Vorjahr. Ein Umstand, der nicht unberechtigt vermuten lässt, das viele Händler mit dem Umsatz und Gewinn auf diesem Stadtfest mehr, als unzufrieden waren. Nicht verwunderlich bei rückläufigen Besucherzahlen und weniger zahlungsfreudigen Publikum.

Ich möchte hier nur eine kleine Zahl von Ärgernissen nennen, die das Bild es Stadtfestes negativ beeinflussten. Doch es zeigt glaube ich auf, das hier viel nicht nicht gut gelaufen ist. Der Tenor vieler Gewerbetreibender, nur für die Standmiete arbeiten, dafür muss man nicht nach Eisenhüttenstadt kommen. Zitat eines Stadtfest Teilnehmers mit tieferer Einsicht „Ich würde es gerne sehen dass, das COMPACTTEAM nächstes Jahr nicht kommt, arrogante, herablassende Lackaffen ohne Kompetenz.“

Eine Äußerung, die ich so nicht bestätigen will, da mein Wissen nur aus zweiter Hand stammt. Doch der äußere Eindruck, des Stadtfests lässt befürchten, das diese Aussage tiefen, ehrlichen Frust eines Betroffenen ausdrückt und nicht ohne Grund so drastisch ausfällt.

Ein Fazit ist
Wäre da nicht ein Zwei Jahres Vertrag der Stadt mit der Agentur COMPACTTEAM, könnte man vielleicht im nächsten Jahr darüber nachdenken, das Stadtfest besser in eigener Regie mit regionalen Vertretern zu meistern. Es würde unserer Stadt sicher gut zu Gesicht stehen, wenn Eisenhüttenstädter für Eisenhüttenstadt ein Fest gestalten. Oder um es mit den Worten zweier Partei Vertreter zusagen „Eisenhüttenstädter Gewerbe generiert Steuern aus dem Geldbeutel der Eisenhüttenstädter und ihrer Gäste, in Eisenhüttenstadt, nicht irgendwo in Berlin. Wir alle wissen, das in der Stadt dafür Wissen, Talent und know how vorhanden ist.“

Doch alle wissen auch, der Geldmangel der Stadt führt zu solch verunglückten Unternehmungen.

Wo liegen die tiefere Ursachen?
In 2014 stand das erste mal fest, dass die Stadt in der üblichen Form nicht mehr finanziell in die Bresche springen kann, da bei den aufgelaufenen Schulden der Stadt, keine Gelder mehr für die Finanzierung für derartige, Bürgernahe Aktivitäten zu Verfügung stehen darf. Keine alleinige Entscheidung der Stadt, sondern verordnete Einsparungen von Oben, an falscher Stelle. Die berühmte Darstellung von kaputtgesparten Kommunen, trifft hier ins Schwarze. Die Schuld liegt nicht zuletzt beim Bund.

Seit Jahren entledigt sich der Bund sozialer Aufgaben, die er der Form nach und zur Beruhigung der Bevölkerung zum Teil zwar beschließt, deren Finanzierung, er aber größtenteils den Ländern und Kommunen auflädt. Das gilt für für die gesetzliche Verpflichtung der Kommunen, Kindertagesstätten zu bauen, zu betreiben, Behinderte einzugliedern, die Wohnungskosten der Bezieher von Arbeitslosengeld II und die Grundsicherung im Alter zu übernehmen, bis hin kommunalen Straßen instand zu halten und die schon jahrzehntelang vernachlässigten Schul- und Verwaltungsgebäude und Kanalisationen zu sanieren. Die Liste könnte man noch lange fortsetzen.

Die chronisch unterfinanzierten Kommunen, können bürgerfreundliche Entscheidungen für einen jährlichen gesellschaftlicher Event, wie es unser Stadtfest ist, dass auch einen regionales „WIR“ Gefühl pflegen soll, eben nicht mehr ohne weiteres finanzieren. Der Bürger, der mit verständlichen Unverständnis darauf reagiert, der durch nicht unwesentliche Zahlung von Steuern, Abgaben, Ordnungswidrigkeiten Geldern, Strafzettel und anderen Zahlungen zum Stadtsäckel beiträgt, ist der, der sich dann vor den Kopf gestoßen fühlt.

Politischer Zwischenruf einer Lästerbacke
An dieser Stelle könnte man den Bund tatsächlich in politischer Einheit vieler Kommunen und Länder eine Forderung stellen. Wenn schon die meisten Bundesaufgaben in die Kommunen delegiert werden, dann soll der Bund wenigstens einen “Stadtfest“ Fond für notleidende Gemeinden einrichte. Es gehört zu den gesellschaftlichen Aufgaben des Bundes, nicht nur Elite Kultur zu fördern, sondern das breite gesellschaftliche Leben. Jährlich neue Steuerrekord Einnahmen und Unten kommt nichts an. Das darf nicht sein.

Das Ende vom Lied
Das Ergebnis einer solchen ideenlosen Finanzpolitik auf Bundesebene, einhergehend mit hilflosen kommunalen Aktionismus, das konnten wir in diesen Jahr auf unserem 15. Stadtfest erleben.

Ein fünfzehntes Jubiläum, wahrlich ein Grund, es krachen zu lassen. Doch in Eisenhüttenstadt, trotz reger Bemühungen, eher eine trauriges, drittklassiges Event, dem auf die Fahne geschrieben stand “Mache Geld“. Bestenfalls der Agentur COMPACTTEAM spülte es noch ein erfreulichen Batzen Geld in die Kasse. Bei Akteuren und Bürgern fand sich mehr laute, bis verhaltene Kritik und ein schaler Nachgeschmack, als den die gewohnte Begeisterung. Das sollten wir gemeinsam ändern.

George W. Lästerbacke