Donnerstag, 26. März 2015
4U9525 Eine vermeidbare Katastrophe
4U9525, für viele Mitmenschen wird diese Flugnummer bis zum Ende ihres Leben eine traurige Bedeutung behalten. Die hinterbliebenen Angehörigen der Opfer des Germanwings Fluges 4U9525. Sie trauern und für kurze Zeit, ein ganzes Land. Die Sinnlosigkeit dieser Katastrophe macht es noch schlimmer. Betroffenheit ist wohl die Emotion, die den derzeitigen Zustand der Deutschen am besten ausdrückt. Es sind fast 150 Menschen tot. Politiker üben sich in Beileidsbekundungen, Flugunfallermittler arbeiten akribisch und der Vorstand der Lufthansa übt sich in Betroffenheit und Überraschung, dass so etwas in ihrem Unternehmen passieren kann. Andreas L., das wurde nach der Auswertung des Voicerecorders schnell klar, hat sich selbst und viele andere Menschen getötet. Der Vorsatz ist nicht mehr zu leugnen. Experten sprechen hier von einem erweiterten Suizid. Sicher wird nun von vielen Experten fein stofflich erläutert werden, welche Art des erweiterten Suizids hier wohl vorliegt. Das interessiert vermutlich die trauernden Hinterbliebenen Angehörigen und Freunde herzlich wenig. Ich denke, das Wissen darum, das Angehörige völlig sinnlos gestorben sind, als Opfer, eines psychisch kranken Menschen. Das wird sie noch tiefer treffen. Nicht einfach nur eine Katastrophe, technisches Versagen, menschliches Versagen, sondern ein praktisch betrachtet sinnloser Mord an ihren Lieben, der mit wenig Aufwand zu verhindern gewesen wäre. Niemand verurteilt hier Andreas L., sondern Unternehmen und Gesetzgeber, die ihrer Sorgfaltspflicht immer nur so weit nachkommen, wie sie es müssen.
Doch jeder wäscht nun seine Hände in Unschuld, besonders die Lufthansa als Unternehmen. Ist es so, dass das Geschehen so ungewöhnlich ist?
Nein, das ist es nicht. Es ist nur ein Tabuthema in der Luftfahrt. Im Gespräch mit einem befreundeten Piloten, heute Mitarbeiter der amerikanischen Luftfahrtbehörde erörterten wir das Thema mehrfach. Es gibt einige große Luftfahrtkatastrophen, die nie restlos geklärt werden konnten und bei denen eher inoffiziell von Selbstmord eines Piloten gesprochen wurde. Lieber wurde hier vertuscht und totgeschwiegen, anstatt die längst überfällige Diskussion über psychologische Probleme von Piloten anzustoßen und Konsequenzen zu ziehen. Da werden Trinker, Drogensüchtige und an Depressionen leidende Personen einfach übersehen, weil Gesundheitsprüfungen eben in Intervallen durchgeführt werden. Wenn ein Pilot unbewusst oder bewusst manipuliert, kann er lange damit durchkommen flugtauglich zu sein, obwohl er seine Flugtauglichkeit längst eingebüßt hat. Piloten sind auch nur Menschen, eine einfache Erkenntnis. Auch wenn sie im vorigen Jahr bei einer Untersuchung noch psychologisch stabil waren, heißt das nicht, das sie es heute noch sind. Unzählige Möglichkeiten, seine innere Wage zu verlieren könnte ich aufzählen, ist aber sicher nicht nötig. Wir wissen das alle aus eigener Erfahrung. Doch wen so eine psychologische Krisensituation entsteht, ist das zumindest für den Fachmann sofort erkennbar. Doch Piloten, die für die Sicherheit von oft hunderten Menschen zuständig sind, werden ebenso wie jeder andere Mensch behandelt. Untersucht wird, nur wenn es vorgeschrieben ist. Wie ermittelt wurde, war Andreas L., der Co-Pilot arbeitsunfähig, als er ins Flugzeug gestiegen ist. Die Diagnose ist noch nicht veröffentlicht. Doch man darf spekulieren, er war bereits in Behandlung wegen Depressionen, welche Diagnose war das wohl? Sicher kann man hier auf psychische Probleme schließen. Das ist Fahrlässigkeit, wenn hier vor Flugantritt nicht geprüft wird, einfach festgestellt.
Es gäbe die einfache Möglichkeit Piloten vor jedem Flugantritt psychiatrisch kurz zu begutachten. Das ist weniger aufwändig, als es sich anhört, damit würde Gefahren minimieren. Doch warum wird das nicht getan? Weil es einfach nicht vorgeschrieben ist.
Hiermit entschuldigt sich die Lufthansa mehrfach, wir erfüllen immer, alle gesetzlichen Auflagen vorbildlich. Ist es zu viel verlangt, auch weiterzudenken und mehr abzusichern, als nur gesetzliche Auflagen? Das ist offensichtlich so, sonst wären heute nicht fast 150 Menschen tot. Man kann nur hoffen, dass der Gesetzgeber nun aktiv wird und den Handlungsbedarf erkennt.
Denn die aber Millionen an Euros, die nun wieder an Hinterbliebene ausgezahlt werden, hätten als Investition in die Flugsicherheit mehr gebracht und hundertfaches Leid wäre vermieden worden. Wenn man dem Piloten, der offensichtlich in einer Krise war, noch am Flughafen daran hätte hindern können, sich und anderen Menschen, das Leben und alle Hoffnungen zu nehmen.
George W. Lästerbacke